T4 Blecharbeiten: "Einmal mit allem, Bitte"

Liebe Freunde der gepflegten Schweisskunst,

in meinem Vorstellungs-Thread klang es schon an, jetzt möchte ich Euch mein Projekt 2020 vorstellen, er hört mittlerweile auf den Namen Freddy.
Das Projekt ist mittlerweile schon weiter fortgeschritten, ich möchte die Story gern Schritt für Schritt mit Euch teilen. Durchaus soll es kein Monolog werden, falls Ihr Fragen, Kritik oder Anregungen loswerden wollt, bitte jederzeit dazwischen posten.

Bevor es losgeht, möchte ich zwei Dinge herausstellen.
Erstens, das Ganze war von vorn herein keine Frage der Wirtschaftlichkeit oder Sinnhaftigkeit sondern eine Herzensangelegenheit und gleichzeitig ein Lernprojekt.
Zweitens möchte ich es nicht als how-to verstanden wissen, sondern als how-I-did.
Ich meine damit, dass ich zwar gelernter Industriemechaniker bin, aber davor bisher nur wenige Karosserie Arbeiten durchgeführt habe. Ich sehe es daher als Laienreparatur an.
Auch steht dem Ganzen die Hauptuntersuchung durch den TÜV noch bevor, damit der Wagen nächstes Jahr nach der Winterpause zugelassen und zum Camper konvertiert werden kann.
Der Ausgangszustand des Fahrzeugs ist bedauerlich, aber dafür kann ich nichts. Das Sprichwort “Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul” ist recht passend. :smiley:

Das Projekt Freddy begann im März dieses Jahres damit, den Bus nach 5 Jahren Garagenaufenthalt wieder an die frische Luft zu holen. Der Motor lief in der Zwischenzeit ein paar Mal… mit frisch kontrollierten Flüssigkeiten und Flüssigkeitsständen war zwar der erste Motorstart erstaunlich problemlos, das Losbrechmoment des Antriebsstrangs und der Bremsen jedoch erheblich.
Aber es half nichts… in der Garage war überhaupt kein Platz irgendwas daran zu tun - also musste er raus:

Die Fahrzeugfront lässt noch nicht erahnen, in welchem Zustand Freddy sich befindet…


Rost am Schweller rundum, auch am Kotflügel und unter der Stoßstange lugt es Braun hervor

An der Schiebetür hat der Schneepflug seinerzeit Spuren hinterlassen

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In den darauffolgenden Tagen wurde zunächst der Innenraum entkernt, um zu sehen was sich unter den Gummimatten verbirgt.

Der Ausläufer des linken Radkastens ist ein erster Ausblick… (Ich musste lernen, dass die Fuge unterhalb ab Werk zu wenig oder teilweise garnicht abgedichtet wurde! )
Übrigens, im Bereich des Pralldämpfers (wo die weißen Sprühflecken sind) habe ich mit dem Dremel die Falz etwas ausgefräst, um die T30 Schrauben des Stoßfängers von oben herausschrauben zu können - ohne die Anhängerkupplung demontieren zu müssen.

Da kommt Freude auf:

Der Ladeboden bekam schonmal Zuneigung von der Werkstatt - long time ago.

Für das Projekt habe ich mir ein gebrauchtes MAG Gerät (L-Tec Compact 180) angeschafft. Eigentlich sind unsere Projekte doch nur Rechtfertigungen für die Erweiturung des Equipments?! :smiley:
Mir schien der Bereich am Radkasten|Ladeboden eine ästhetisch unkritische Stelle - aussen kommt der Stoßfänger drüber, innen das Bett. Also DIE ideale Stelle für erste Schweissübungen im Dünnblechbereich… Ran an die Buletten!

Während innen kleinräumig ausgetrennt wurde, wurde aussen mechanisch entrostet, umgewandelt und neu grundiert.

Der Bereich um die Zwangsbelüftung wurde ebenfalls ausgetrennt:

Es hat sich für mich bewährt, den Zuschnitt so genau es geht vorzubereiten (Schablonen aus dünner Graupappe, z.B. von Tiefkühlpizzen oder ähnliche Verpackungen!) und dann einzupunkten um das Blech im halb eingebauten Zustand zu biegen und zu treiben:

Gut zu sehen: Die Füßchen an der Unterkante, mit bzw. durch diese wird später von unten das Bodenblech eingeschweisst. Diese Gedankenübungen, was von wo womit und wodurch eingeschweissst wird, werden mich die nächste Zeit begleiten.

Das Bodenblech ist zum Glück als Reparaturblech verfügbar.

Der Nachbau der Sicke im hinteren Eckbereich war etwas aufwändiger… hier noch im Zuschnitt:

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Mit dem gewonnenen Selbstvertrauen der ersten Erfolge ging es dann ans Eingemachte - den Fahrereinstieg, Aussenschweller, Innenschweller.

Im Ausgangszustand verfügte der Fahrerfußraum über gute Querbelüftung:

Und der Innenschweller war auch schön knusprig:


Hier ist der grobe Schlachtplan “Auftrrennen” visualisiert

Der berühmt-berüchtigte Dämmschaum, auch beim Ausbau spürbar feucht:


Zum Radhaus gabs ein schönes Guckloch…

Erste Anprobe des Zubehörblechs, ein Hoffnugsschimmer!


Nach oben Richtung A-Säule musste ich etwas verlängern…

Und auch für den Zwischenbereich unterhalb des Tanks war eine Lösung gefragt…


Die Trittstufe schon mal reingehalten
Das Blech zum Radhaus hin war recht komplex:


Hier eine Übersicht der einzuschweissenden Bleche:


Innenradhaus bekommt eine neue Kante:

Nachdem dann alles passgenau war, ging es endlich mit Schweissen los!


Das “Fähnchen” war ein hilfreicher Abstandshalter, es wurde erst unmittelbar vor de Montage entfernt )
Das Auffüllen der Lücken war keine große Kunst mehr; hier noch offen:

So ergab sich zum 21. Mai dann folgender Zwischenstand:

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“Heiligs Blechle” :- )

Chapeau, dass Du das in dem Umfang auf Dich genommen hast.

G T4J

Ja, Merci! Ob ich’s nochmal machen würde… ich weiß nicht. :smiley:
Der letztgezeigte Stand war so etwas wie der Point of no return.
Zuviel Zeit und Herzblut war schon investiert, um den Wahnsinn noch abzubrechen.
(Wie nennt man diesen psychologischen Trugschluss gleich nochmal?! :face_with_raised_eyebrow: Sunken cost fallacy?! :smiley: )

Ein mentaler break von Karosseriearbeiten war nötig, also hab ich die Abgasanlage geflickt.
Das Zünd- und Schmelzverhalten war relativ bescheiden… das Ergebnis ist eine optisch recht krude, aber hoffentlich funktionale Braterei.

Die Blechpatches waren recht interessant in der Herstellung - teils über Rohrstücke gebogen, teils Freihand im Schraubstock gedengelt:

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Da hatsich die Schweissanlage gelohnt :ok_hand:.

Danke für die zahlreichen Beitragsaufrufe und Reaktionen, es gibt offenbar einige Mitleser.

Weiter ging es auf der Beifahrerseite, die oberflächlich auch stark befallen war, aber deutlich weniger tief; auch die Durchrostungen hielten sich… naja räusper im Rahmen. :smiley:
Ausgetrennt und ersetzt wurde freilich trotzdem aber es war bereits eine gewisse Routine im Umgang spürbar.

Auch auf dieser Seite wird der Schweller stückweise herausgetrennt, um zwischenzeitlich die Reparaturbleche immer wieder reinzuhalten und anzupassen:

An der B-Säule war eine merkwürdige starke Roststelle mitten auf der Fläche - also raus damit…

Auch hier ein gepflegtes Guckloch

Dieses untenliegende Verstärkungsblech hat mir Kopfzerbrechen bereitet - ich habe die Stelle erstmal offen gelassen und ignoriert.

Die Trittstufe nach vorn angestückt

Und Richtung Radhaus wieder dicht gemacht:

Zwischenzeitlich hatte Freddy leider auch noch die Masern bekommen…

Weil man es auf dem nachfolgenden Foto schön sieht: Das auf dem Rad ist mein Läderlappen, mit dem ich die brennbaren Teile im Schweißbereich abdecke. Richtung Schaumstoff im Beifahrerfußraum habe ich mittels einer Holzplatte den Funkenflug unterbunden. (Der Dieseltank wurde übrigens ganz zu Beginn des Schweißmarathons ausgebaut, das nur am Rande - wie gesagt, kein how-to Thread.)

Zwischenzeitlich bin ich günstig an einen Satz Sommerräder gekommen, bisl Lackieren als Lückenfüller. (merde! zählt das noch als Blecharbeit? :smiley: Ich hätte da noch mehr “projektbezogenes Offtopic”, mal sehen wie ich das integrieren werde…)

anyway, ein Kartenset wurde einem höheren Zweck geopfert. :smiley:

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Super Arbeit Michael! Zu den Felgen: Müsste die Auflagefläche der Radmuttern vor dem Lackieren nicht abgedeckt werden? Ich habe mal gehört, dass sich die Radmuttern (allerdings beim T3) so lösen können.

lg
Hugi

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Den Trick mit den Karten habe ich einmal in einem Video von Herrn Mathis Ox gesehen - im aktuellen Video zur Restaurierung eines Suzuki Samurai (Folge 3) spricht er explizit die Auflagefläche der Radmuttern an. Er kratzt sie lieber jeweils nachher mit dem Teppichmesser schnell frei, als sie abzukleben. Find ich einen guten Tip.

Werde ich dieses Mal * auch so ausprobieren - da ich das Abkleben bisher jedes Mal sehr mühsam fand und so ungenau, dass ich nacher eh dann noch mal etwas nacharbeiten musste.

Würde mich nicht Wundern, wenn Du Michael auch dieses Video gesehen hättest oder ein älteres aus der selben Quelle.

Freikratzen

*In den letzten sechs Jahren sind bei mir vier Busse gestrandet. Alle haben neue Reifen bekommen und aufgefrischte Felgen.

Eine Prima Gelegenheit, sogar auf das Kartenspiel noch zu verzichten, wenn man keine Angst hat vor möglichen Beschädigungen beim Aufziehen der frischen Sohlen - was bei mir bisher immer ohne Folgen geblieben ist, die mir aufgefallen wären.

Gruss T4J

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Suzuki Samurai - Folge 1
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Kartentrick könnte auch in einem der Golf Country Videos gewesen sein?
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Kartentrick

Folge 1 für Golf II Syncro Freunde

Hammer! Habe ich mir alles dieses jahr auch angetan! 3 monate ca 400h arbeit drin.
hast du das kompostnest im kotflügel geöffnet? Harte arbeit zahlt sich bekanntlich aus!
Und nicht vergessen, schön viel wax in Hohlräume!

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Den Schrauben wird es egal sein ob sie die Felgen an einem T3 oder T4 halten sollen. Falls die Innenseite auch lackiert wurde, dort ebenfalls auf der Auflagefläche den Lack wieder komplett entfernen.

Gruss
tomix

Hallo zusammen,

danke für die Hinweise auf den Lack an den Auflageflächen.
Ich habe diese auch nicht explizit bedeckt oder abgeklebt, aber auch nicht direkt reingenebelt.
Mein Plan war, die Anlageflächen vor der Montage sauber zu machen, darum kümmere ich mich, wenn die Räder im Frühjahr aufgesteckt werden.

@tomix: Heftige Sache, die Euch da in Griechenland widerfahren ist! Möchte ich nicht haben…

@Padrin: Jou, so ähnlich sieht meine Restekiste jetzt auch aus. :smiley:
Toller Ausbau, kann man drüber irgendwo mehr lesen? Würde mich interessieren!
Ein Heckauszug unter dem Bett steht auf meiner To-Do-Liste, ich habe mir dafür schon mal ein Heckzelt vom T5 (bzw. Vanshower) besorgt. Das passt noch nicht perfekt, war hier nur mal schnell mit Klett rangefummelt, ob das überhaupt funktionieren wird… im Bereich des Stoßfängers hatte ich noch keine Befestigungen dran. Später soll das Zelt komplett an der Heckklappe verbleiben, um es möglichst schnell aufbauen zu können.

Damit der ganze Klimbim keinem auf die Rübe fällt, habe ich Halter zur Dämpferarretierung vorbereitet, dazu aber irgendwann später mehr… [sneak Preview]

P.S. Da der Humus fertig war, habe ich den Komposter geleert… :face_with_monocle:
Es liegen schon ein paar Teile bereit, die Bildung des eben solchen nachhaltig zu unterbinden.

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Hallo Michael

Verrückt was du dir da antust :slight_smile:

Frage zum Komposter: kann man den Kotflügel einfach so weg schrauben, Komposter leeren und wieder dran schrauben? Oder ist da noch etwas Punktgeschweisst oder so? Wäre sonst ein Thema bei einem Kumpel von mir das ich mal angehen könnte mit ihm :wink:

GRüsse Jörg

@schirx: Hallo Jörg, das kommt aufs Baujahr an, vor 96 waren die Kotis punktgeschweisst, danach geschraubt. Im T4-Wiki findet man einiges zu dem Thema.
Der Schaumstoffdämpfer (701 129 562 B) war bei mir auch völlig mit Wasser vollgesogen, den evtl. vorher schon bereitlegen, gibts um ~25 Euro. (Verfügbarkeit und Preis in CH - keine Ahnung)

Ich habe mir das Neuteil besorgt, aber noch keinen Ansatz wie ich den Schaumstoff langfristig abdichten oder konservieren kann. Ganz ohne Dämpfer sind die Ansauggeräusche wohl sehr präsent und unangenehm.

Die Modifizierung des Luftfilterkastens ist vielleicht auch noch interessant, wenn man in der Ecke schon zu Gange ist.

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Hallo Michael

Es gibt auch ein Sieb für den Ablauf zu kaufen, das verhindern soll, dass überhaupt Laub hineingerät. Wäre vielleicht eine (zusätzliche) Massnahme.

Gruss
T4J

Hier gibt es die Installation vom Ablaufschlauch im Schnelldurchlauf.
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Im Video wird auch der Anbieter genannt, der die Lösung mit dem Schlauch als einbau-fertiges Set (ge)liefert (hat).

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Wow! So viel Arbeit! Lese sehr gerne mit, wobei ich keine Ahnung von Karosseriearbeit habe^^

Heute gibt’s ein paar Bilder von der Ausbeul-Aktion der Schiebetür - Zeugen einer Zusammenkunft mit dem Schild des Schneepflugs. Zunächst mal die Ausgangslage:

Das Gros der Beule habe ich von innen mit dem Hydrauliktempel gedrückt.
Die Tür war dabei von aussen ebenfalls mit Holz abgestützt, um die Kräfte nicht komplett über die Führungen der Tür abzuleiten. Wer genau hinsieht, entdeckt das Montiereisen unter dem Druckstempel, der (ungewollten) Knicklinie des Blechs folgend.


Die andere Seite wurde gegen B- und C-Säule abgestützt… Im Vergleich zum Türblatt sind diese Bereiche massiv.

Aussen habe ich mir einen Zughammer (aka wi**er) aus Gewindestangen improvisiert, diese immer wieder an verschiedenen Stellen angepunktet. So richtiger Murks halt. :smiley:
Der Zweck heiligt die Mittel, heißt es…

Bis zu einem gewissen Grad hat das sehr gut funktioniert, man bekommt so aber logischerweise keine ebenen Flächen hin, da immer nur punktuell gezogen wird.

Und so kommt man um’s Spachteln und schleifen zum Schluss nicht herum…

Das oben war ein Zwischenstand, nicht das Ende des Spachtelarbeitsgangs.
Auch wenn dieser Bereich meines Erachtens nicht perfekt geworden ist, konnte die Situation optisch deutlich verbessert werden. Ob das im Hinblick auf die Zinkverletzung durchs Punkten Unklug war, wird sich auf lange Frist zeigen. Ich hatte lange mit mir gerungen, aber brachte es nicht über mich den Bereich so dellig zu lassen wie er eingangs war… mit dem nächsten Schwung Bilder wird wahrscheinlich klar warum.

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@chillibus
Sauber was du da machst.
Bin auch Stück für Stück dran, meiner sieht aber nicht ganz so arg aus.

Was den Kotflügel betrifft:
Ich habe da einen Schlauch von den Ablauflöchern oben bis nach unten geführt. Dazu oben noch so ein Gummi rein dass möglichst keine Blätter mehr reinfallen.
Sollte jetzt relativ trocken sein und das wenige Wasser was noch rein kommt sollte gut abfliessen können.

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Bei diesem Thread und euren Bilder komme ich ja kaum nach mit Herzen verteilen! :grimacing: Weiter so :+1:

Toll, wie sich dieser Thread entwickelt.

@figugegu: Schöne Lösung, mit dem angeklebten Fitting! Kann mir vorstellen, in die gleiche Richtung zu gehen.

Zeit für Progress!
Auf den Moment hatte ich lange hingearbeitet und als Motivator war das Erreichen dieses Etappenziels super wichtig! Ich konnte endlich die Lackierung beziehungsweise Beschichtung auftragen… und es war eine Riesengaudi!

Erstmal alles einpacken…

Und druf mit der Pampe! Foliatec Hardrock Liner in RAL1024 Ockergelb, sicherlich nicht jedermanns Geschmack!?

“Geschmäcker sind verschieden, sagte der Affe…”

“…und biss in die Seife.”

So sah’s dann ausgepackt aus, Kotis waren schon wieder abgenommen für die nächste Baustelle…

Die Heckklappe war erst eine ganze Zeit später punktlos, ich greife mal vor:
Die Roststelle am Scheibenrahmen hab ich auf dem Schirm fürs Frühjahr.

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