Man kann sich die Sitzung gut ausmalen, wie der Marketing Chef dem Designvorstand die Gestaltung erklärt,…ihm erklärt, dass es selbstverständlich zwingend im Gesicht des ID-Buzz das “durchgehende Leuchtenband” und das “ID-Maul”(ich würde zu gern wissen, wie sie das intern nennen) braucht . Das sei gesetzt. Ersteres als antriebskonzeptübergreifendes Wiedererkennungsmerkmal der Marke und letzteres als Wiedererkennungsmerkmal für die neue ID-Familie, als “starkes Statement” nämlich.
Und nicht unerwähnt solle bleiben, dass der Designer ja sogar die “Signature”-T1 Gürtellinie mit dem vorderen V behalten dürfe. Das ginge ja trotzdem und die fände er selber auch gaaanz toll. Ein Alleinstellungsmerkmal, usw. … .ER und seine Frau hätten ja sogar “in” einem T1 geheiratet.
Und das wäre doch schon grossartig, dass “der Buzz” sich damit so deutlich von den anderen Mitgliedern der ID-Familie unterscheide. Schliesslich würde es bei den aktuellen Bussen ja vollkommen ausreichen eine Zweifarblackierung anzubieten - zusammen mit dem grossen, neu auf Retro gestalteten, VW-Signet wäre das bereits phantastsich und werde sehr gut am Markt angenommen. Da sprächen die Zahlen eine eindeutige Sprache.
Bei der Abstimmung im Vorstand am Ende der Sitzung siegt dann ein weiteres mal die Angst, etwas verkehrt zu machen. “Was, wenn wir nicht sämtliche drei Wiedererkennungsmerkmale in dem Gesicht vereinen?? Dann verlieren wir ganz sicher Käufer. Das ist doch klar.” und “Wir haben schliesslich genug riskiert mit dem neuen Baukasten, der MEB-Plattform. Das sind Investitionen, bei denen es um unsere Existenz geht”
Und insgeheim ist der Marketing Mann besonders stolz, dass es wieder die schicken Rauten-Pünktchen hat, im Grill, die er schon erfolgreich beim ID.3 durchgesetzt hatte und höchstselbst vorgeschlagen hatte auch für die C-Säule. Das liess sich zwar nur noch als Aufkleber realisieren, weil er mit der Idee erst gekommen war, als die Werkzeuge für die Karrosse schon bestellt waren, aber das war an der B-Säule seiner Mercedes A-Klasse , die er als Student von seiner Oma hatte übernehmen können, auch schon nur ein Aufkleber. Diese Pünktchen hatten ihm immer so gut gefallen. Da konnte man erkennen, dass es ein modernes Design ist.
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Ich bin gar kein Fan von Retro Design im Allgemeinen und bin gar nicht so sicher, ob es “die (Gürtel-)Linie des T1” unbedingt braucht in 2021. Ich finde, schon der T2(a) ist der lebende Beweis für einhundert Prozent Bulli Ausstrahlung ohne V-Ausschnitt. Aber spasseshalber, habe ich einmal die beiden Wiederekennungsmerkmale “des Marketing Chefs” in Gedanken herausgenommen. Einfach , um dem Geischt nicht drei Dinge gleichzeitig zuzumuten.
Und ich habe überlegt, ob es schwierig wäre, dem Buzz ein Gesicht zu lassen, dass einfach blos einigermassen freundlich dreinschaut. Eines, dass nicht gleichzeitig an den freundlichen Grossvater erinnern UND aggresiv daherkommen muss.
Hier gibt es eine Skizze - bewusst nur ganz grob und schnell, in fünf Minuten entstanden. Ich habe mir nur einen einzigen Versuch gegönnt. Ich denke, Andere hier im Forum, vielleicht @dogen?, könnten da ganz etwas Anderes zaubern.
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Und normal wird an soetwas ein paar Jahre gefeilt mit einem ganzen Team von Profis. Dass darüber eher länger als ein paar Minuten nachgedacht wird, hat auch damit zu tun, dass man mitunter zu Beginn noch überlegt, wo die Reise denn überhaupt hingehen könnte.
Über ein Konzept konnte man beim ID-Buzz nur begrenzt nachdenken, glaube ich. Ganz gut erkennbar wird das, wenn man sich das Fugenbild anguckt. Genauer: Wenn man sich einmal die Form der Türen anguckt.
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Schon wenn man die Seitenansicht mit den letzten Prototypen vergleicht, kann man erkennen, worauf ich hinaus will.
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Wenn man sich die Form der vorderen Türen der Heckmotorgenerationen ins Gedächtnis ruft oder auch nur die der Generation T4 und T5/6, kann man daran etwas ablesen. Stück für Stück ist die erste Reihe immer weiter zurückgewichen. Klar, sind wir alle froh, dass die Knie nicht mehr Teil der Knautschzone sind. Aber beim ID-Buzz sind wir jetzt bei “einem Prozent vor der akkuraten Symmetrie” gelandet. Man beachte, wie beim weissen Erlkönig Buzz oben die beiden Türen an vorderes und hinteres Radhaus anschliessen.
Und ich denke, dass das in dieser Konsequenz nicht am Sicherheitsbedürfnis liegt, sondern daran, dass man den ID-Buzz auf der MEB-Plattform realisiert hat, die nicht für Nutzfahrzeugpropotionen gedacht ist.
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Eigentlich wäre vorn nichts im Weg, um die erste Reihe nach vorn zu rücken und den Innenraum, ganz Elektro-Architektur typisch, zu maximieren. Aber der ID-Buzz bekommt stattdessen einen tiefen “Frunk” und ein riesen tiefes Armaturenbrett, ähnlich zuvor dem New Beetle. Die einzige Erklärung, die mir ad hoc einleuchtet, ist die, dass man so Entwicklungskosten einspart und Produktionskosten. Vermutlich kann man so einge Baugruppen, was Antrieb, Achsen, Fahrschemel, et cetera betrifft austauschen mit den anderen ID-Familien-Mitgleidern, bzw. sogar einiges in der gleichen Fabrik und auf den selben Bändern laufen lassen, was dann auch noch Skalierungsfreiheit bringt bei den Produktionskapazitäten, ganz zu schweigen von den Vorteilen im Einkauf bei höheren Stückzahlen. Beim Erlkönig sieht man auf dem Innenraumbild, meine ich sogar, eins zu eins ein ID.3 Cockpit. Wenn das so bleibt, dann würde mich das fast an die austauschbaren Plexi-Karrossen von RC Plattformen erinnern.
VW hat diese Woche ins Auge gefasst, das Stammwerk in Wolfusburg zu klonen, dem bestehenden Werk ein Elektro-Plattform Werk zur Seite zu stellen. Man will Tesla Paroli bieten, bevor es zu spät ist.
Es ist von dreissig Tausend Jobs die Rede, die sehr bald vergehen könnten, wenn man nicht am Ball bleibe. Da wäre man sehr glücklich, wenn der ID Buzz etwas zum Überleben der Marke beitrüge. Der New Beetle hatte sich erstaunlich lange erstaunlich gut verkauft - Bei dem waren äussere Form und Grundkonzept auch nicht genau deckungsgleich.
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Das gute “Ende der Geschichte” könnte sein, dass VW-Nutzfahrzeuge möglichst bald dran sein wird, mit einer eigenen Elektro-Plattform, die natürlicher Weise erlauben sollte, das die erste Reihe ein ganzes Stück weiter vorn sitzt. Vielleicht sehen wir dann den wahren elektrischen Nachfolger der Verbrenner Baureihen-Reihen T1 bis T6, den neuen Elektro Bulli?
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Wer sich für solche Entscheidungsprozesse, wie den fiktiven oben, interessiert, dem würde ich gern ein Interview mit Patrick le Quément ans Herz legen, zum Design des Twingo, auf dem Kanal little car:
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Der Desinger erzählt im Interview die Geschichte einer Entscheidung, inklusive den Ängsten im Unternehmen. Wie auch immer man den Twingo finden mag - In den Neunzigern wurde ja bei vielen Autos kritisiert, dass sie zu freundlich dreinschauen würden, zu harmlos - Bei dieser Geschichte schlug das Pendel jedenfalls in die andere Richtung aus als oben.
Ich hoffe, dass für irgendjemanden etwas Unterhaltendes dabei sein möge, bei meinem vielen Getippe.
Einen schönen Abend, Gruss, T4J